Erfahrungsbericht: Nadine
„Ich hatte jedenfalls eine sehr schöne, ereignisreiche Zeit in Victoria, habe tolle Leute kennengelernt und viel Zeit in der Natur verbracht.“
-
University of Victoria
Universität
-
Kanada
Land
-
Auslandssemester im Bachelor
Programm
Vorbereitung & Finanzierung
Einer der Gründe, weshalb ich mich am Ende für Kanada entschieden habe ist, dass ich gerne mein Auslandssemester in einem Land verbringen wollte, in dem ich noch nie zuvor war. Die University of Victoria ist mir aufgrund der tollen Lage auf Vancouver Island und der Nähe zu Vancouver und Seattle ins Auge gestochen und nachdem ich mich auf der Website der Uni umgesehen hatte, war ich umso mehr überzeugt.
Im Dezember habe ich mich das erste Mal im IEC Office beraten lassen und ab diesem Zeitpunkt ging es nach und nach mit der Organisation los. Obwohl die eigentliche Bewerbung recht unkompliziert ist (z.B. verglichen mit Erasmus), ist der Aufwand dennoch nicht zu unterschätzen. Man sollte sich im besten Fall früh mit der Auswahl der Kurse beschäftigen, um anschließend ein Learning Agreement abzuschließen. Somit stellt man sicher, dass einem die im Ausland erreichten Credits hinterher an der Heimatuni angerechnet werden. Wer die Möglichkeit hat, Auslandsbafögs zu beziehen, sollte sich so früh wie möglich darum kümmern, da hierfür viele Unterlagen erforderlich sind und der Bearbeitungsprozess eine Weile dauert.
Teurer Spaß
Das Studentenleben in Victoria ist insbesondere als Visiting Student nicht gerade günstig. Zusammengefasst kommt bei einem Auslandssemester in einem Land mit hohen Studiengebühren einiges zusammen, weshalb es meiner Meinung nach wirklich wichtig ist, lieber zu viel als zu wenig Geld einzuplanen. Gerade in den ersten Wochen tendiert man leider dazu, etwas mehr auszugeben als dem Geldbeute gut tut, daher ist es hilfreich, seine Ausgaben von Anfang an regelmäßig zu tracken. AuslandsBAFöG können übrigens viele Studenten beziehen, die in Deutschland keinen Anspruch auf BAFöG haben, da hierbei andere Richtlinien gelten. Daher ist es ratsam sich diesbezüglich früh zu erkundigen und im Fall der Fälle mindestens ein halbes Jahr vor Beginn des Auslandssemesters die benötigten Unterlagen zusammenzusammeln.
Ankunft in Victoria
In Victoria angekommen musste ich erstmal den Weg zur Bushaltestelle suchen, was mit meinem Gepäck schon recht anstrengend war. Als ich dann aber erstmal im Bus war, war der Fahrer so nett und hat mich kostenlos mitfahren lassen. An der Uni angekommen habe ich mich im ersten Moment gefühlt wie in einem amerikanischen College Film. Ein wunderschöner Campus um mich herum und ich stehe mit meinem großen Koffer am Bus Loop und habe keinen Plan, wo ich hin muss. Dadurch, dass ich zwei Tage vor dem offiziellen Einzugstermin schon Business Exchange Programm hatte, durfte ich schon vorher einziehen und demnach war es noch recht ruhig auf dem Campus. Mit der Hilfe von einigen Leuten, die mich jeweils weitergeleitet haben, bin ich nach einer Weile im Residence Office gelandet, wo ich meine Schlüssel bekommen habe.
Die Leute hier sind total offen und man merkt, dass alle im gleichen Boot sitzen und Anschluss finden wollen, was hier aber echt super einfach ist. Während des Programms haben sich verschiedene Personen vorgestellt und es wurde viel über Themen wie das Wohnen, Freizeitaktivitäten, Leben in Kanada, das Studium im Allgemeinen usw. erzählt. Außerdem gab es eine Campustour, was echt notwendig war, denn man kann sich hier am Anfang sehr schnell verlaufen. In Downtown, wo wir rausgelassen wurden, hat das Programm geendet und von dort aus bin ich mit ein paar Leuten essen gegangen, durch Chinatown gelaufen und am Hafen entlang spaziert.
Der nächste Tag war ebenfalls sehr ereignisreich, denn es war Move-In Day und es sind über 2000 Leute in die verschiedenen Häuser der Residence eingezogen. Viele Kanadier, vor allem diejenigen im ersten Jahr, kamen samt Eltern, Geschwistern, mehreren Koffern und Umzugskisten an und es war super voll auf dem Campus. Dazu gab es draußen mehrere Stände, die kostenloses Zeug verteilt haben, wodurch natürlich umso mehr los war.
Eines meiner Highlights war eine recht spontane Wanderung zum Mount Douglas am Morgen mit insgesamt 25 internationalen Studenten unter anderem aus Deutschland, Tschechien, Österreich, Spanien, Belgien, der Türkei, den Niederlanden, China und Japan.
Universität & Kurse
Das kanadische Unisystem
Das Unisystem hier an der Uvic unterscheidet sich ziemlich stark vom klassischen System einer staatlichen deutschen Uni. Zunächst einmal ist das akademische Jahr hier nicht in Semester, sondern in Terms, also Trimester aufgeteilt. Das Fall term ging hier Anfang September los und wird schon Mitte Dezember enden, was natürlich für Exchange- und Visitingstudents besonders von Vorteil ist, da man so noch mehr als genug Zeit zum Reisen hat, wenn die Uni vorbei ist.
Auch das Thema Klausuren läuft hier ganz anders ab. Im Gegensatz zu deutschen Unis gibt es hier nicht eine große Klausur am Ende des Semesters, die meistens 100% der Note ausmacht. Stattdessen gibt es vier bis fünf Teilnoten pro Modul, die zusammen die Gesamtnote ergeben. Das nimmt natürlich einiges an Druck, bedeutet aber auch, dass man von ständigen Deadlines dazu gezwungen wird von Anfang an vor- und nachzubereiten. Die Teilnoten bestehen je nach Modul z.B. aus Assignments (kleine Hausarbeiten oder Online Aufgaben), Midterms (Zwischenprüfungen), Einzel- und Gruppenpräsentationen, Mitarbeit (z.B. in Form von Abstimmungen per iClicker) und Final exams bzw. Final projects. Solange man dran bleibt, sollte es kein Problem werden rechtzeitig mit den Assignments fertig zu werden.
Die Professoren werden hier mit Vornamen angesprochen und generell ist der Umgang zwischen Studenten und Professoren recht locker. Meine Kurse gefallen mir sehr gut, nur Accounting ist halt Accounting, das mach ich nicht zum Spaß, sondern weil ich es irgendwann im Laufe meines Studiums sowieso machen muss. Business English and Communications ist ein Kurs, der extra für Austauschstudenten angeboten wird, Entrepreneurship ist sehr interessant und praxisnah und Business Decision Making macht mir ebenfalls Spaß (dazu ist der Prof ein echter Komiker). Die Anzahl der Studenten pro Kurs variiert sehr stark. In meinem kleinsten Kurs sind wir schätzungsweise 30 Leute, im größten 200-300.
Ein anderes Thema, ist die Anwesenheitspflicht. Ob es überhaupt eine gibt, hängt recht stark von der Kursgröße ab. Ob man regelmäßig zum Unterricht/zur Vorlesung erscheint, wird bei mir nur in meinem Englischkurs kontrolliert, in dem wir auch nur um die 30 Studenten sind. In zwei meiner anderen Kurse wurde die Anwesenheit nur in den ersten paar Vorlesungen überprüft. Wenn man in dieser Zeit unentschuldigt fehlt, kann es passieren, dass man aus dem Kurs geworfen wird und andere, die auf der Warteliste stehen, nachrücken.
Wohnen in Victoria
Hier in Victoria sind die drei gängigsten Unterkunftsarten folgende:
-
On-Campus Housing
Leben und Studieren an einem Ort, so wie man es aus amerikanischen College Filmen kennt. Hierzu kann ich euch mit Abstand am meisten erzählen, da es die Alternative ist, für die ich mich entschieden habe. Hier ist man hautnah am klassischen Studentenleben dabei. Dauernd finden irgendwelche Events statt und es ist wirklich immer etwas los. Zudem ist einfach alles in unmittelbarer Nähe, was so einiges an Zeit spart. In den Dorms hat man ein eigenes Zimmer (oder auch Doppelzimmer) und teilt sich mit dem gesamten Flur das Bad, also wie in einem Hostel, nur dass man eben alleine in seinem Zimmer ist. Zudem gibt es Gemeinschaftsräume und einen Mealplan, also einen recht hohen Betrag an Geld auf dem Studentenausweis, mit dem man in den Mensen und Cafes der Uni bezahlen kann.
-
Off-Campus Housing
Wenn man außerhalb des Campus wohnt, sucht man sich eigenständig eine Wohnung, so wie man es auch zu Hause tun würde, nur dass man den Mietvertrag eben nur für einen kurzen Zeitraum ansetzt. Die Kosten variieren hier natürlich sehr stark, je nachdem wo und wie man wohnt.
-
Homestay
Diese Alternative ist so ähnlich wie die zweite, nur dass man hier in einer kanadischen Familie lebt und die Mahlzeiten im Preis mit inbegriffen sind. Man hat also immer einen gefüllten Kühlschrank, kochen muss man allerdings selbst. Ich denke hier gilt genauso wie beim Off-Campus Housing, dass man einfach Glück haben muss, ob die Wohnung wirklich so ist, wie man sie sich vorgestellt hat.
Ich glaube, dass jede Unterkunftsform ihre Vor- und Nachteile hat, aber ich bin sehr zufrieden mit meiner Wahl und würde mich wieder so entscheiden. :)
Freizeit & Ausflüge
Whale Watching
Eines meines bisherigen Highlights war definitiv das Whale Watching. Die Touren sind hier super beliebt, sodass man schon ein paar Tage im voraus buchen sollte. Der Fahrer kannte sich sehr gut mit dem Verhalten der Wale aus und kann die einzelnen Tiere teilweise sogar auseinander halten. Einige Wale waren alleine unterwegs, viele aber auch in Gruppen. Wir haben sogar ein Baby in Begleitung eines großen Wals gesehen.
Insgesamt waren wir ca. drei Stunden unterwegs, was schon eine ganz gute Länge war. Gezahlt haben wir 144$ pro Person (ca 95€) - also auf jeden Fall eine Stange Geld; allerdings hat sich der Trip meiner Meinung nach wirklich gelohnt.
Mount Manuel Quimper
Glücklicherweise gibt es hier auf Vancouver Island so viele Berge und Hiking Trails, sodass man für Monate lang mehr als gut versorgt ist. Letztes Wochenende bin ich mit ein paar Kommilitonen zu einem Trail gefahren, der anderthalb Stunden von Victoria entfernt, in einem Ort namens Sooke liegt. Das Wetter war ideal zum wandern, da es die ganze Zeit über trocken und weder zu warm, noch zu kalt war. Wir haben uns für eine Strecke zum Mount Manuel Quimper entschieden und waren mit ein paar kleinen Änderungen in der Route 11,5 Kilometer unterwegs.
Das Highlight der Wanderung war definitiv die Aussicht. Die Tannen, das Meer und die Berge im Hintergrund sehen in Kombination zueinander so richtig schön klischeehaft kanadisch aus, dazu hat der Fire-Tower natürlich perfekt ins Bild gepasst.
Kurztrip nach Vancouver
An einem Freitag bin ich zusammen mit zwei Freundinnen, die mit mir Business studieren, nach Vancouver gefahren. Um möglichst viel vom Tag zu haben, ging es schon sehr früh für uns los, denn auch wenn die Fährenfahrt nur anderthalb Stunden dauert, zieht sich die Reise durch die langen Busstrecken sowohl in Victoria als auch in Vancouver ziemlich in die Länge.
An unserem ersten halben Tag in Vancouver waren wir zuerst kurz in Chinatown und anschließend an der UBC, der University of British Columbia, um dort das Museum of Anthropology zu besuchen. Die UBC und die Uvic sind mehr oder weniger „Rivalen“, und ich muss sagen, auch wenn die UBC ganz schöne Ecken hat, wie z.B. einen Rosengarten mit Aussicht auf die Berge, gefällt mir der Uvic-Campus deutlich besser. Bei uns sind die meisten Gebäude nicht so hoch, es gibt mehr Grünflächen und das Gesamtbild ist in meinen Augen einfach schöner.
Am Samstag, den einzigen Tag, an dem das Wetter gut war, sind wir zur Capilano Suspension Bridge gefahren. Das ist eine Seilbrücke über einem Wasserfall, mitten in einem riesigen Parkgelände. Danach waren wir im Lynn Canyon Park, der auf dem ersten Blick ein bisschen an Capilano erinnert, da es dort auch eine freischwingende Brücke gibt. Allerdings sind im Lynn Canyon Park generell weniger Brücken, dafür kann man dort direkt an das Flussufer gehen. An einer Stelle neben einem kleinen Wasserfall ist das Wasser richtig schön türkis und ein paar Leute sind dort von einem Felsen aus ins Wasser gesprungen. Wenn ihr mal in Vancouver seid und nur einen der zwei Orte besuchen wollt, kann ich euch Lynn Canyon empfehlen, denn dort ist der Eintritt kostenlos.
Den letzten vollen Tag haben wir auf Granville Island gestartet, diesmal haben wir sogar den Weg dorthin gefunden :D Zum Glück ist der Markt dort überdacht, denn es hat vor allem Vormittags fast die ganze Zeit über geregnet. Ansonsten gibt es auf Granville Island kleine lokale Läden, Tourishops und einen Bereich nur für Kinderspielzeug. Unser nächster Stop war das CF Pacific Centre in Downtown, dort gibt es abgesehen von den Standardläden zum Beispiel auch Lululemon, American Eagle, Abercrombie & Fitch und einen Disney Store. Zum Schluss waren wir noch im Stanley Park, der noch größer ist als der Central Park in New York. Allerdings haben wir aufgrund des schlechten Wetters dort leider nicht so viel Zeit verbracht wie ursprünglich geplant.
Mir hat Vancouver im großen und ganzen gut gefallen, da man sowohl in der Natur als auch direkt in der Innenstadt viel unternehmen kann.
Fazit
Das Ende naht
Hier ist eine kleine Liste mit Tipps und Empfehlungen, die ich euch für euer Auslandssemester mit auf den Weg geben möchte.
- Probiert neue Dinge aus
Nordamerikanische Unis haben echt unglaublich viel an Freizeitaktivitäten zu bieten und für vieles muss man kaum oder gar kein Geld zahlen.
- Verbringt Zeit in der Natur
Vancouver Island hat an Hiking Trails, inklusive Wäldern und Wasserfällen wirklich viel zu bieten! So ziemlich jeder, der es nicht ohnehin schon gemacht hat, hat hier das Wandern für sich entdeckt. Besonders gefallen hat mir der Mount Manuel Quimper in Sooke und der Trail zum Mount Finlayson.
- Findet Freunde aus anderen Ländern
Hier an der Uvic habe ich es aber ganz gut geschafft in einer “gemischten Gruppe“ unterwegs zu sein. Zum einen will man ja schließlich möglichst viel Englisch reden und zum anderen ist es auch einfach interessant sich mit Leuten aus anderen Ländern auszutauschen.
- Wohnt auf dem Campus
Es ist super praktisch und zeitsparend alles direkt um sich herum zu haben, die Uni selbst, die Bib, das Gym und die Freunde. Ich würde mich immer wieder für diese Variante entscheiden. Man ist einfach viel spontaner, als wenn man weiter weg wohnt und auf die nicht ganz so regelmäßigen Buszeiten angewiesen ist.
Goodbye, Uvic!
Die letzten vier Monate an der Uvic sind unglaublich schnell vergangen und ich kann noch gar nicht wirklich glauben, dass ich nicht mehr dort bin und auch nicht mehr zurück kommen werde, jedenfalls nicht als Studentin. Ich hatte jedenfalls eine sehr schöne, ereignisreiche Zeit in Victoria, habe tolle Leute kennengelernt und viel Zeit in der Natur verbracht.